Die speziellen Baupläne wurden alsbald nach den Beratungen im Landtag und insbesondere nach Verabschiedung des Gewährleistungsgesetzes vorn 27. April 1906 von der Wasserbaudirektion ausgearbeitet. Auf Grund des erwähnten Gewährleistungsgesetzes hatte sich der Staat die Ausführung der erforderlichen Bauten auf Kosten der Genossenschaft vorbehalten.

An den vorgesehenen Baustellen in Malter und Klingenberg wurden Ende 1907 bereits staatliche Bauämter eingerichtet. Das Jahr 1908 kann als das erste Baujahr für die Talsperren im Weißeritzgebiete angesehen werden. In diesem Jahre begann man mit dem Bau der Umlaufstollen, zwecks Freimachung der zukünftigen Baugruben für die Mauer-Fundamente von den Wasserläufen. Die feierliche Grundsteinlegung der Sperrmauern fand am 28.September 1911 in Malter und am 14. Oktober 1911 in Klingenberg statt.

Ein gewaltiger Eingriff in das Naturbild der einst so stillen Täler vollzog sich nunmehr mit diesen Bauten. Allenthalben war man - und wie man heute wohl behaupten darf - sehr erfolgreich bemüht, daß dem Landschaftsbilde durch die Einfügung dieser Zweckbauten kein Abtrag geschehe,daß vielmehr durch die Bändigung großer Wassermassen die Gegend ein neues,ein monumentales Gepräge erhalte. Nicht nur im Landschaftsbild, auch in manche traute, alte Heimstätte der Familie vollzog sich der Eingriff. Der Auszug aus dem liebgewordenen Tal mag - trotz reichlicher Entschädigung - für viele ein opferreicher gewesen sein! 45 Wohnstätten mußten abgebrochen werden.

Tausende schaffensfreudige Hände waren jahrelang an der Vollbringung eines großen technischen und kulturellen Werkes tätig. Auf über 150 ha Land erstreckte sich ihre Tätigkeit. Umfangreiche Straßen- und Brückenbauten waren neben den Kolossalmauern zu errichten; auch die teilweise Verlegung der Schmalspurbahn Hainsberg-Kipsdorf zwischen Spechtritz und Dippoldiswalde, war zu bewirken. Über 350000 cbm Erd- und Felsenmassen waren zu bewegen.

Der Inhalt der Mauerwerke der beiden Sperrmauern beläuft sich auf über 240000 cbm, woraus ein Maßstab für die Größe der Bauwerke erkennbar ist.

Über die Ausgestaltung der beiden Talsperren sei kurz folgendes erwähnt.

Die Talsperre Malter unterhalb der Stadt Dippoldiswalde gelegen, hat ein Fassungsvermögen von 8,8 Millionen cbm, davon enthält die im Interesse von Dippoldiswalde errichtete Vorsperre rund 140000 cbm. Bei normaler Füllung besitzt der Stauspiegel eine Fläche von 90 ha Größe, bei einer Längenausdehnung von rund 3 km. Die größte Tiefe in der Nähe der Sperrmauer ist rund 30 m. Die Mauer selbst hat eine größte Höhe von 34,5 m und eine Kronenlänge von 193 m. In ihrem oberen Teil ist sie als 5 m breite öffentliche Fahrstraße ausgebaut. Die untere größte Breite beträgt 30 m. Förmlich eingezahnt ist das Fundament der halbkreisförmigen Mauer in den Felsen, der aus dichtem Biotitgneis besteht. Aus dem gleichen Material, das unweit der Baustelle in ergiebigem Ausmaße gefunden wurde, ist das Mauerwerk selbst hergestellt Auf der Wasserseite der Mauer ist zunächst eine wasserdichte Putzschicht angebracht, an die ein 70 cm starker Betonschutzmantel anschließt, Die Luftseite der Mauer besteht aus großen bossierten Steinen, die in reicher architektonischer Formschönheit gefügt sind.

In der Mitte der Mauer befindet sich auf Talsohle ein Durchbruch, in welchem zwei Rohrleitungen von je 1,1 m Durchmesser für die Wasserentnahme aus der Sperre untergebracht sind. Der Sicherheit wegen sind diese Rohre sowohl auf der Wasserseite, als auch auf der Luftseite der Sperrmauer mit Absperrschiebern versehen. Der in dem rechten Berghang eingelassene Umlaufstollen erhielt nach Fertigstellung der Talsperrenmauer einen Verschluß, der mit 3 Rohrstutzen von gleichfalls 1,1 m Durchmesser, mit wiederum 2 hintereinander liegenden Absperrschiebern, ausgestattet ist. Die Antriebe für diese Absperrschieber befinden sich über Tag in Höhe der Talsperren-Krone in einem besonderen Bauwerk. Am linken Hang befindet sich ein Freiüberlaut von 48 m Länge auf Höhe 330,0 m N. N., das ist gleichzeitig jene Wasserstandshöhe,bei welcher der Inhalt der Sperre 8,8 Millionen cbm beträgt. Anschließend hieran befindet sich nach dem Durchbruch der Sperrmauer ein Abflußgerinne nach der Talsohle. Dieses Gerinne mündet mit dem Umlaufstollen in ein größeres Wasserbecken (Sturzbecken), zu welchem auch das Grundablaßrohr aus der Mitte der Sperrenmauer Anschluß hat. Von da aus werden über ein Meßwehr die zu Kraftzwecken unbenutzten Wassermassen dem alten Flußbett zugeführt.

Neben dem Sturzbecken befindet sich das Kraftwerk. Dasselbe ist von der Pächterin mit zwei Spiralturbinen für je 1,5 scbm Wasserverarbeitung, die in direkter Verbindung mit zwei Synchron-Generatoren von je 450 KVA stehen, und außerdem mit den für einen Elektrizitätswerksbetrieb erforderlichen Apparaten und Zubehör ausgestattet worden. Durch das Kraftwerk wird der geregelte Wasserabfluß bewirkt. Die Energieerzeugung darf sich aber hier nicht nach dem Bedarf richten, sondern muß gleichfalls wie die Wassermenge eine stets gleichmäßige sein. Die Wassermessung geschieht fortlaufend durch schreibende Instrumente, die in Verbindung mit dem Venturimeter stehen. Überdies wird noch durch Partial -Wassermesser die Abflußmenge kontrolliert. Das seiner Energie ledige Wasser wird unmittelbar dem natürlichen Flußbett der Roten-Weißeritz zugeführt.

An Bauten ist noch das Wärterhaus zu erwähnen, das an der linken Seite der Talsperrenmauer an der Straße gelegen ist. Es enthält neben den Geschäftsräumen und der Dienstwohnung des Stauwärters noch zwei Maschinisten-Wohnungen. Von der Genossenschaft ist ferner den Gemeinden Paulsdorf und Malter eine neue Schule gebaut und übereignet worden.

 

Die Talsperre Klingenberg in stiller Abgeschiedenheit oberhalb der Gemeinde Klingenberg gelegen, hat nach der vor einigen Jahren vorgenommenen Erhöhung des Freiüberlaufes um 75 cm nunmehr ein Fassungsvermögen von 16,4 Millionen cbm. Bei dieser Stauhöhe (392,75 m N N.) besitzt der Wasserspiegel eine Fläche von 116 ha bei einer Länge von 3,5 km. Die größte Tiefe in der Nähe der Sperrmauer beträgt 34 m, Die Sperrmauer ist 46 m hoch und hat eine untere Dicke von 34,7 m. Sie ist gleichfalls halbkreisförmig erbaut und hat an der Krone eine Länge von 312 m. Wie bei der Maltersperre, ist auch diese Mauer als Fahrstraße ausgebildet worden. In ihrer sonstigen Konstruktion gleicht sie auch jener bei Malter. Der Rohwasserüberfall hat eine Länge von 48 m, an dem sich der Freiablauf anschließt, der das Überlaufwasser gefahrlos über eine Kaskade nach dem Sturzbecken auf Talsohle führt, Der Umlaufstollen mit Schieberhaus befindet sich gleichfalls im rechten Talhang, das Wärterhaus gegenüber.

Das Kraftwerk enthält gleichfalls zwei Maschinensätze für je 1,5 scbm Wasserverarbeitung, die für je 550 KVA Leistungsfähigkeit dimensioniert sind. Die übrige Einrichtung ähnelt gleichfalls jener in Malter. Diese beiden Talsperrenkraftwerke arbeiten parallel mit dem Dampfkraftwerk und zwei weiteren Wasserkraftwerken der AG-Kraftwerke Freital.

An der Talsperre Klingenberg wird auch Trinkwasser aufbereitet. Die hierzu erforderlichen Genossenschaftsanlagen bestehen aus der Filteranlage nebst Reinwasserbehälter, der Hochdruckrohrleitung nach dem Plauenschen Grund und den beiden Hochbehältern bei Burgk und Altfranken. Die Filteranlage befindet sich neben dem Kraftwerk, erhält aber durch eine besondere Rohrleitung das Wasser direkt aus der Sperre. Die Filteranlage ist im laufenden Jahre erheblich erweitert worden und besteht nunmehr aus 2 großen Absatzbecken, 12 Reisert-Schnelifiltern mit der entsprechenden maschinellen Einrichtung und 2 kuppelbaren Reinwasserbehältern von je 2000 cbm Nutzinhalt. Die Hochdruckleitung nach dem Plauenschen Grunde und den Hochbehältern ist im Wilden -Weißleritztal verlegt und hat eine Gesamtlänge von rund 28 km. Die lichte Weite der Rohrleitung ist abgestuft zwischen 500 mm und 400 mm. Sie besteht durchweg aus flußeisernen Muffenrohren von je 8 m Länge. Der Normal-Druck, dem die Rohrleitung im Plauenschen Grund ständig ausgesetzt ist beträgt rund 20 Atm. Die Hochbehälter bei Burgk und Altfranken besitzen einen nützlichen Fassungsraum von je 4000 cbm

Die Fertigstellung der Talsperrenbauten erfolgte in Malter Ende 1913, jener in Klingenberg Mitte 1914.

 

Auszug aus: Hans Poelzig und der »neuzeitliche Fabrikbau«

Quelle: 'Weißeritz-Talsperren-Genossenschaft' November 1926